Arbeiten trotz Krankheit? - Studie der Hochschule Fresenius zeigt, was dahinter steckt
Ann Cathrin Bach, Absolventin der Wirtschaftspsychologie an der Hochschule Fresenius in Köln, präsentiert im Rahmen ihrer Masterthesis eine Studie darüber, warum Menschen trotz Krankheit zur Arbeit gehen. Damit Organisationen diesem Verhaltensmuster auf den Grund gehen und rechtzeitig geeignete Maßnahmen in die Wege leiten können, entwickelte Bach einen Fragebogen.
Winterzeit ist Krankheitszeit. Schon wieder läuft die Nase, der Hals
schmerzt und man fühlt sich elend und schlapp. Soll man trotzdem zur
Arbeit gehen? Oder sich doch lieber krankschreiben lassen? Wie reagiert
der Chef? Und wer erledigt den Job? Diese Fragen haben sich schon viele
Arbeitnehmer im Laufe ihrer Berufstätigkeit gestellt und sind trotz
Krankheit ins Büro gegangen.
In der Psychologie bezeichnet man das Erscheinen von Arbeitnehmern am
Arbeitsplatz, obwohl sie krank sind und sich gesund pflegen müssten, als
Präsentismus. Dass ein kranker Mitarbeiter nicht wirklich produktiv
sein kann, vielleicht sogar teure Fehlentscheidungen trifft oder Unfälle
verursachen kann, und noch dazu alle im Büro ansteckt, ist bekannt.
Aber wie kann man als Arbeitgeber Präsentismus erkennen? Und wie kann
man diesem Verhaltensmuster entgegenwirken?
Die vorliegende Studie „Entwicklung und Validierung eines Instruments
zur Erhebung der motivationalen Komponenten von Präsentismus im
Zusammenhang mit organisationaler Gerechtigkeit“ von Ann Cathrin Bach
liefert diesbezüglich wertvolle neue Ansatzpunkte. Mit Hilfe des auf
wissenschaftlicher Basis entwickelten kurzen Fragebogens lassen sich
fünf Motive für Präsentismus identifizieren: Kollegialität, die Wahrung
des sozialen Ansehens, das Pflichtgefühl gegenüber der Arbeit selbst,
die Furcht vor negativen Konsequenzen und Ablenkung. Für die von Bach
befragten Beschäftigten unterschiedlichster Branchen zeigte sich: Je
stärker insbesondere eines der ersten drei Motive ausgeprägt ist, desto
häufiger ist Präsentismus zu beobachten. Weiterhin fiel in als gerecht
erlebten Organisationen die Häufigkeit von Präsentismus geringer aus. Je
fairer und transparenter Vergütungsstrukturen, Entscheidungsprozesse
und Informationsfluss eingeschätzt wurden, desto weniger äußerten die
Beschäftigten Präsentismus-Motive wie Sorge um den guten Ruf bei
Vorgesetzten und Kollegen oder Furcht vor negativen Konsequenzen wie
schlechte Leistungsbeurteilung oder gar Kündigung.
Für Prof. Dr. Katja Mierke, Psychologie-Professorin an der Hochschule
Fresenius in Köln und Betreuerin der Masterarbeit, ist der neu
konzipierte Fragebogen ein gewinnbringendes Instrument. „Mithilfe der
neuen Skala können sowohl Arbeitnehmervertreter als auch Arbeitgeber
Motive für Präsentismus ermitteln und daraus passende
Handlungsmöglichkeiten ableiten. Je nach Ergebnis können sie eher an den
Werten und Normen der Belegschaft ansetzen, für mehr Personal bzw.
klare Vertretungsregelungen sorgen oder einen gerechten und gesunden
Führungsstil stärken“, so Mierke. Für das Unternehmen bedeutet dies:
Mitarbeiter, die bei Krankheit eher zu Hause bleiben, sind langfristig
gesünder, zufriedener und arbeiten produktiver.