Antrittsvorlesung "Alles wird digital: Überlebensstrategien für den Einzelhandel"
Die Zukunft des stationären Einzelhandels sieht nicht rosig aus.
Mehrere Studien prophezeien, dass z.B. im Fashionhandel bis 2025 rund
2.500 Läden in Deutschland schließen werden. Die Einzelhändler setzt
dies zunehmend unter Druck. Ein Grund: das Geschäft mit der Mode
verlagert sich ins Internet, man bestellt heute lieber bei Amazon,
Zalando & Co., als die Einkaufspassagen dieses Landes aufzusuchen.
Viele klein- und mittelständische Geschäftsinhaber fürchten daher um ihr
Geschäft. Sie springen, häufig ohne das entsprechende Know-how, auf den
digitalen Zug auf und versuchen, ihre Ware via eines Online-Shops an
die Frau oder den Mann zu bringen. Dass dies mit einem großen
logistischen Mehraufwand verbunden ist, ist vielen nicht bewusst. Doch
wie haben Ladenlokale noch eine Chance, im Wettbewerb zu überleben?
Mit dieser Fragestellung beschäftigt sich Prof. Dr. Hendrik Müller, der
Anfang März zum Professor für Unternehmenskommunikation und
Wirtschaftsethik an der Hochschule Fresenius Hamburg berufen wurde. In
seinen Arbeiten untersucht er hierbei insbesondere die Modeindustrie.
„Das klassische Bekleidungsgeschäft wird auch dann noch Chancen haben,
wenn es zukünftig auf die Themen ‘Erlebniseinkauf‘ und ‘Storytelling‘
setzt“, so Prof. Dr. Müller. Geschäfte müssten genau das bieten, was
online eben nicht möglich ist: den Einkauf so gestalten, dass er zum
Erlebnis wird. Und dies könne man am besten, indem man alle Sinne
anspricht und eine Geschichte erzählt. „Beim Betreten von stilvoll
eingerichteten Verkaufsräumen begleitet von atmosphärischer Musik
bekommt der Kunde ein gutes Gefühl“, erklärt Prof. Dr. Müller. Auch das
haptische Erlebnis, das Anfassen der Ware, spiele dabei eine wichtige
Rolle. Viele Firmen hätten auch eine spannende Unternehmensgeschichte,
die sie erzählen könnten. Dies binde ebenfalls langfristig Kunden.
Als Beispiel für ein Verkaufskonzept, das sowohl digital als auch analog
funktioniert, führt Müller das britische Bekleidungs-unternehmen Jack
Wills an. „Das Unternehmen betreibt gezielt Geschäftsräume in
historischen, häufig auch denkmalgeschützten Gebäuden. Dort taucht der
Kunde beim Betreten dann automatisch in eine inszenierte, typisch
britische Tradition ein und fühlt sich als Teil der Geschichte. Dabei
wird bewusst ein Mythos erschaffen, um den Kunden ein Gefühl der
nostalgischen Sehnsucht nach einer vermeintlich besseren Zeit zu geben.“
Die Marke inszeniere sich auf diese Weise in der Tradition des
unverwechselbaren (Textil-) Einzelhändlers, obwohl sie als Kette über 80
Geschäfte in Großbritannien, den USA und Asien verfügt.