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Lernmotivation: Auf die Dosis kommt es an

Seminare, Übungen, Vorlesungen, Workshops - auf Studierende wartet auch dieses Semester ein dichtes Programm mit so mancher Herausforderung. Eine „Begleiterscheinung“ vieler Lehrveranstaltungen sind Hausübungen, eine Beschäftigung, die nicht immer für große Freude sorgt. Die WU-Wissenschaftler Gerhard Furtmüller und Christian Garaus widmen sich in ihren Studien zur Motivationsforschung der Frage, durch welche Art der Belohnung Studierende bessere Lernerfolge erzielen. Die Antwort überrascht: Die höchste „Belohnung“ durch Zusatzpunkte führt nicht gleichermaßen zu den besten Lernerfolgen. Im Gegenteil: Gerade bei sehr kleinen Belohnungen setzten sich die Studierenden am intensivsten mit den Lerninhalten auseinander.

Die Anreizsysteme für Hausübungen, egal ob für Studierende oder SchülerInnen sind vielfältig: Mal werden sie als dreißig Prozent der Semesternote gewertet, mal als Zusatzpunkte, manchmal auch nur als negative Bewertung bei Nicht-Abgabe. Um festzustellen, welches Anreizsystem die besten Lernerfolge erzielt führte Christian Garaus vom Institut für Strategie, Technologie und Organisation und Gerhard Furtmüller vom Department für Management gemeinsam mit einem Kollegen der JKU, Wolfgang Güttel, verschiedenste Untersuchungen durch. Vorab wurde in einer Pilotstudie getestet, wie Studierende verschiedene Arten von Belohnungen empfinden. Dabei zeigte sich unteranderem, dass 0,75 Punkte zur Belohnung bei einer Prüfung, bei der 120 Punkte zu erreichen sind, als sehr wenig empfunden werden. Bei einer so kleinen Belohnung geben die Studierenden an, keinen Finger zu rühren, so das Resümee der Pilotstudie.

Praxistest: Was zu viel ist, ist zu viel
Die Hauptstudie wurde in der Praxis mit 652 Studierenden durchgeführt, die im Wintersemester an einer Lehrveranstaltung teilgenommen hatten, in der acht freiwillige Hausübungen ohne Aussicht auf Belohnung gemacht werden sollten. Im Sommersemester wurden in einer Lehrveranstaltung wieder 683 Studierende wieder mit acht Hausübungen beauftragt, wieder nicht verpflichtend. Diesmal konnten jedoch bis zu 0,70 Bonuspunkte pro Hausübung erreicht werden, weniger als der Minimalwert in der Pilotstudie. Das Ergebnis: In der zweiten Untersuchungsgruppe schrieben vier Mal mehr Studierende die freiwillige Hausübung und dies außerdem mit einer zehn Prozent besseren Qualität.

In einer weiteren Studie mit einer noch größeren Zahl an Studierenden konnten die Forscher zudem die Ergebnisse nicht nur replizieren, sondern es zeigten sich auch erste interessante Ergebnisse im Vergleich mit großen Anreizen: Die Anzahl der abgegebenen Hausübungen konnte durch die Vergabe von kleinen Anreizen verdreifacht und bei der Vergabe von großen Anreizen sogar vervierfacht werden. Bei der Prüfung schnitten allerdings jene Studierenden, die durch großen Anreize motiviert wurden, mit Abstand am schlechtesten ab. So beträgt der Leistungsunterschied zu den Studierenden mit kleinen Anreizen 11 Prozent. Demnach wird deutlich, dass hohe Belohnung zwar kurzfristig zu einer hohen Zahl an Hausübungen führten, der Lernerfolg gesamt am Ende des Semesters allerdings deutlich niedriger war als bei dem Versuch mit nahezu winzigen Belohnungen.

Interesse wecken
Der Grund für diese Ergebnisse ist überraschend wie einleuchtend zu gleich. „Sind die Anreize sehr klein, wird das Verhalten intern gerechtfertigt. Aber durch diesen kleinen Impuls beginnen die Studierenden, sich erst flüchtig mit etwas zu beschäftigen. Daraus entwickeln sie eine intrinsische Motivation, die wiederum mehr Interesse weckt und so die Auseinandersetzung mit einer Thematik ins Rollen bringt“, erklärt Furtmüller, „Schafft man es, durch einen winzigen Impuls, die Belohnung, eine erste Aktivierungsenergie aufzubringen, sind die Ergebnisse nachher erfolgsversprechend. Erledigen Studierende ihre Hausaufgaben allerdings nur, wenn es sich wirklich lohnt, ist die Auseinandersetzung mit einer Themenstellung meist weniger intensiv und deswegen auch der Lernerfolg am Ende der Lehrveranstaltung geringer. “

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