Finanzierung Mittelstand 2003

Eine empirische Untersuchung

Fachartikel 110

Fachbereich
Betriebswirtschaftslehre
Fachrichtung
Investition/Finanzierung
Working Paper
2005
Sprache
deutsch
Co Autoren
Dr. Michael Höck, Christian Marc Ringle

Beschreibung

Die Fremdfinanzierungsmöglichkeiten mittelständischer Unternehmen werden durch den Umbruch im deutschen Bankensektor zunehmend eingeschränkt. Vor allem die Großbanken ziehen sich aus dem Geschäft mit den kleineren Unternehmen zurück und nehmen Basel II zum Anlass, ihre Rendite-Risiko-Strukturen zu verbessern. Ferner sind aufgrund aufsichtsrechtlicher Vorschriften die Kundenbetreuung und Kreditanalyse voneinander zu trennen, sodass verstärkt externe Ratings zur Bonitätsprüfung eingesetzt werden, die eine Reihe von Schwächen aufweisen. Bei manchen Banken erfolgt die Beurteilung der Kreditwürdigkeit pauschal aufgrund der Branchenzuordnung, z.B. anhand des Feri-Branchen- Ratings. Angesichts der Heterogenität der Finanz- und Ertragslage von Unternehmen im Groß- und Außenhandel, aber auch in anderen Dienstleistungsbranchen, erscheint ein solches Vorgehen der Bonitätsprüfung ungeeignet. Allerdings erweist sich auch die standardisierte Bewertung der Kreditwürdigkeit anhand von Jahresabschlussdaten, z.B. anhand des Moody’s RiskCalc-Index, als problematisch, da viele der Rating-Modelle auf Industrieunternehmen ausgelegt sind und die Besonderheiten der Dienstleistungsbranchen vernachlässigen. Drittens orientiert sich die Kreditvergabe und Konditionengestaltung an dem kurzfristigen Kreditausfallrisiko, obwohl die Banken eher daran interessiert sein sollten, in „erfolgreiche Mittelständler“ langfristig zu investieren.
Es ist daher nicht verwunderlich, dass die Selbsteinschätzungen der Unternehmer imGroß- und Außenhandel sowie im Dienstleistungsbereich zum Teil erheblich von den Ergebnissen externer Ratings abweichen. Neben den Schwächen der Rating-Verfahren können jedoch auch noch andere Gründe, z.B. ein mangelhaftes Controlling seitens der Mittelständler, für die Diskrepanzen verantwortlich sein. Im Rahmen der empirischen Untersuchung wurde gezeigt, dass Groß- und Außenhandels mit einem Umsatz größer als 10 Mio. EUR sowie Dienstleistungsunternehmen, ihre Finanz- und Ertragslage in Relation zur allgemeinen Branchenentwicklung realistisch einschätzen. Kleineren Groß- und Außenhandelsunternehmen fehlt es dagegen an Referenzwerten und/oder an Controlling-Instrumenten, um eine weitestgehend objektive Beurteilung der wirtschaftlichen Lage vorzunehmen. Generell besteht in dieser Branche das Problem, die Liquiditätssituation anhand von Bilanzkennzahlen zu erfassen. Bei den Groß- und Außenhandelsunternehmen sowie sonstigen Dienstleistungsbetrieben zeichnet sich in den letzten 5 Jahren eine geringfügige Verbesserung der Eigenkapitalquote ab. Die Betriebe sind bestrebt, eine größere Unabhängigkeit von den Banken zu erreichen, um die Fremdkapitalkosten zu senken. Gleiches gilt im Mittel auch für die Liquidität 3. Grades (Umlaufvermögen/kurzfristiges Fremdkapital), welches ein Indiz für eine verbesserte langfristige finanzielle Stabilität der Unternehmen ist. Auf der anderen Seite hat im Segment der kleineren Unternehmen die Streuung, d.h. der Abstand zwischen den liquiditätsstarken und weniger liquiden Unternehmen, drastisch zugenommen. Trotz relativ konstanter Rentabilitätskennzahlen hält sich die letztgenannte Gruppe von Unternehmern zunehmend mit kurzfristigen Krediten „über Wasser“. Darüber hinaus wurde gezeigt, dass bei größeren Groß- und Außenhandelsunternehmen der Unternehmenserfolg anhand weniger Bilanzkennzahlen, wie die Eigenkapitalausstattung, den dynamischen Verschuldungsgrad und die Personalaufwandsquote, erklärt werden kann. Bei kleineren Mittelständlern des Groß- und Außenhandels sind zusätzliche Indikatoren, wie das Debitorenziel, die Liquidität 2. Grades sowie das Umsatzwachstum zu berücksichtigen sind. Durch eine kontinuierliche Kontrolle und Steigerung dieser Kennzahlen, lässt sich die Ertragslage im Mittelstand deutlich verbessern.

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