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Wandel der Finanzbranche: Digitaler Euro, Fintechs und „Hot Topics“

Wandel der Finanzbranche: Digitaler Euro, Fintechs und „Hot Topics“
Ein exklusives Panel rund um Fintech-Gründer und eine Vertreterin der Österreichischen Nationalbank diskutierte am Rande des MBA-Finance-Moduls an der WU Executive Academy über heiße Eisen in der Finanzbranche.

Der digitale Euro scheint in greifbarer Nähe, immer mehr Fintech-Startups entern die Märkte: In der Finanzbranche, so scheint es, wird in den kommenden Jahren kein Stein auf dem anderen bleiben.

Diesem Thema widmete sich auch das Modul „Hot Topics in Finance“ des Professional MBA-Studiengangs in Finance an der WU Executive Academy. Am Ende des Moduls diskutierten ExpertInnen aus der Finanzwirtschaft unter der Moderation von Professor Alfred Taudes, Leiter des Forschungsinstituts Kryptoökonomie an der Wirtschaftsuniversität Wien und langjähriger Vortragender an der WU Executive Academy, in einem Panel über die Veränderungen und „Hot Topics“ in der Finanzbranche.

Der Bankensektor im Wandel: vom Kreditgeschäft zum Dienstleister

Petia Niederländer ist Director für Payments, Risk Monitoring and Financial Literacy bei der Österreichischen Nationalbank und beschäftigt sich mit innovativen Bezahlsystemen, Regularien und digitalen Skills der EndkundInnen. Sie ortet einen massiven Wandel in der Finanzbranche durch disruptive Fintech-Startups: „Seit vergangenem Jahr gibt es in Europa erstmals mehr Fintechs als in den USA. Rund um neue Bezahlservices entstehen auch weitere Dienstleistungen. Der Bankensektor ist mit der Herausforderung konfrontiert, sich von dem klassischen Kreditgeschäft (engl.: money lending industry) hin zum Dienstleistungssektor zu entwickeln“, sagte Petia Niederländer. Kredite zu vergeben, sei nicht mehr so attraktiv, eine Kombination mit anderen Services würde laut Niederländer mehr Wertschöpfung ermöglichen: „Die Mehrheit der in den Markt eintretenden Anbieter und Startups versuchen neue Wertschöpfung zu generieren, indem sie sich auf Kundenbeziehungen fokussieren, Kundendaten sammeln und neue Businessmodelle kreieren.“

Datenschutz: Synthetische Daten als Lösung

Ein Startup, das genau in diese Kerbe schlägt, ist MostlyAI. Das Startup übersetzt Kundendaten in synthetische Daten, die für Modellrechnungen und Prognosen in Richtung Kundenverhalten verwendet werden können und so datenschutzkonform sind. Der Co-Gründer von MostlyAI, Klaudius Kalcher, erzählte über die Gründung des Startups im Jahr 2017: „Wir waren damals das erste Startup auf dem Markt, das die Generierung synthetischer Daten anbot. Ein Jahr später trat in Europa die DSGVO in Kraft – für uns stellte sie einen Vorteil dar.“ Die Datensicherheit für Endkunden sei inzwischen auch außerhalb Europas ein globaler Trend. MostlyAI hat für die Erste Group und deren George-App synthetische Daten kreiert. Dass die Rolle der Banken sich künftig verändern wird, sah Klaudius Kalcher auch als Chance: „Banken werden in Zukunft keine monolithischen Player mehr sein. Es gibt derzeit den Trend, dass Plattformen Finanzservices anbieten. Etablierte Banken haben den Vorteil, dass sie viel Kundenvertrauen genießen. Sie können diese Position nutzen, um externe Services in ihre Plattformen zu integrieren und anzubieten.“

FINcredible: Bonitätsprüfungen für Mietverträge

Dass Fintechs nicht nur Bezahlsysteme und Online-Banking abwickeln, zeigt auch das Beispiel des Startups FINcredible, das Bonitätsprüfungen etwa für Mietverträge durchführt. Alexander Eisl, Vortragender im MBA-Modul und Chief Scientific Officer des COMET-Kompetenzzentrums Austrian Blockchain Center, ist Co-Gründer des Startups. „Viele Vermieter verlangen von ihren MieterInnen einen Gehaltsnachweis der vergangenen drei Monate – wir wollen in Einverständnis mit dem Endverbraucher zuverlässige und DSGVO-konforme Daten bereitstellen“, sagte er.

Professor Alfred Taudes sprach auch die Finanzbildung der Bevölkerung an. Wie es um sie bestellt sei? Petia Niederländer zeichnete ein kritisches Bild: „Die gute Nachricht ist: Die Finanzbildung steigt. Die schlechte Nachricht: Sie ist von einem niedrigen Level aus gestartet.“

Gerade durch den von der Europäischen Zentralbank angekündigten digitalen Euro sei es nötig, dass die Menschen sich mit dem Wissen über Daten und Datensicherheit auseinandersetzen: „Damit die Banken den digitalen Euro verteilen können, benötigen die EndkundInnen eine digitale ID: Sie müssen in ihrem Account ihre Daten speichern, verwalten und kreieren. Sie müssen wissen, wie man eine License Proxy erstellt. All das ist nötig, um digitale Währungen verwenden zu können.“

Petia Niederländer ortet Handlungsbedarf auf europäischer Ebene: „Für die europäische Wirtschaft wäre es essenziell, wenn sie auf Infrastruktur und auf Datenpools setzt, damit entsprechende Finanzservices auch in Europa entwickelt werden.“ Niederländer sieht es auch als Aufgabe der Österreichischen Nationalbank, die Bankinstitute für den Wettbewerb mit Fintechs und für mehr Innovation zu sensibilisieren. Sie zeichnet ein futuristisches Zukunftsbild: „Aus meiner Sicht wird sich die Art, wie wir bezahlen, in den nächsten Jahren drastisch verändern. Es ist denkbar, dass irgendwann der Kühlschrank oder das Auto bezahlt. Noch verlassen wir uns auf ethische Standards, die das rechtlich nicht erlauben, aber: die KonsumentInnen werden sich vielleicht aussuchen können, womit sie bezahlen.“

Über den Professional MBA in Finance

Der berufsbegleitende Professional MBA Finance an der WU Executive Academy vermittelt Führungskräften in 18 Monaten nicht nur theoretisches Fachwissen, analytisches Know-how und praktisches Management-Rüstzeug, um in einer von Dynamik und Globalisierung geprägten Finanzwelt erfolgreich zu sein – die Inhalte der internationalen ExpertInnen aus dem Finanzbereich (z.B. Lehigh University und University of Texas at Austin) sind auch unmittelbar in der Praxis anwendbar. Der nächste Studiengang startet im Oktober 2021.

Für mehr Informationen über den Professional MBA Finance, klicken Sie bitte hier.
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